Trauer ist heilsam

Ein persönlicher Schicksalsschlag, der Tod meiner geliebten Mutter, hat mich veranlasst, mich eingehend mit dem Sterben und der Trauer zu befassen. Lesen Sie meine eigenen Erfahrungen und alles, was Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Trauer hilfreich sein könnte, in diesem Blogbeitrag.

Meine persönliche Erfahrung mit Tod und Trauer

Trauern möchte niemand freiwillig, Trauer ist spontan und schmerzvoll. Sie ist aber notwendig um einen Verlust zu verarbeiten und sie macht uns bereit, dass wir wieder hoffnungsvoll und zuversichtlich nach vorne schauen können. Dies ist einerseits Theorie, aber auch gelebte Erfahrung, die mich im Leben wieder Richtung Zufriedenheit und Glück weitergebracht hat.

Was ist Trauer?

Trauer ist eine natürliche, spontane, vorübergehende, schmerzvolle aber notwendige Reaktion auf den Verlust eines lieben Menschen.

Sie hilft uns, diesen Verlust psychisch zu verarbeiten und uns wieder neu auf das Leben und die Beziehung zu anderen Menschen einzulassen.

Kurz nach dem Tod meiner Mutter konnte ich noch nicht dran glauben, dass diese Zeilen wahr sind und auch auf mich zutreffen werden. Ich habe sehr viel und oft lange geweint, war häufig erschöpft davon, aber auch jedes Mal irgendwie erleichtert, wenn die Tränen fließen konnten.

Wo kann diese Trauer auftreten?

Trauer kann überall auftreten, wo es einen Verlust, eine Trennung bzw. einen Abschied gab.
Das kann sowohl das eigene bevorstehende Sterben, als auch das fremde Sterben sein. Bei einer Trennung, Scheidung, Pensionierung, bei einem Wohnungswechsel, überall dort kann diese Trauer auftreten.

Wo trifft dich Trauer am meisten?

Wichtig ist zu wissen, dass Trauer nicht nur das Herz (das Gefühl) betrifft, sondern immer den ganzen Menschen.

Jeder spürt die Trauer woanders. Ich habe ehrlich bei mir selbst hinterfragt, wo und wann ich die Trauer am meisten gespürt habe und sie immer noch spüre. Während der kurzen und letzten Krankheitsphase meiner Mama war ich noch sehr stark und zuversichtlich. Ich habe jede Minute mit ihr intensivst gelebt.

Die ersten Monate nach ihrem Tod schmerzten hauptsächlich die Gefühle des Verlassenseins und der Einsamkeit. Ich war viel müde und viele meiner Gedanken drehten sich um das Dabeisein während der letzten Lebensminuten meiner Mama.

Die Trauer trifft dich auf der Gefühlsebene. Dich überwältigen Gefühle, die du vielleicht vorher noch nie so einschneidend erfahren hast. Aber es trifft dich auch auf der körperlichen Ebene, in deiner Gedankenwelt oder in deinem Verhalten.

Ich hab euch hier einige Beispiele aufgezählt.

Schock, Traurigkeit, Zorn, Wut auf den Verstorbenen oder andere, Aggressionen, Schuldgefühle, Angst (Existenzangst, Todesangst, schaffe ich es?), Todeswünsche, Todessehnsucht, Verlassenheit, Verlorenheit, Einsamkeit, Ruhelosigkeit, Ziellosigkeit, Müdigkeit, Hilflosigkeit, Sehnsucht, Betäubung, Starre, „Versteinerung“, Abgestumpftheit, Leeregefühl, Entfremdung, Depersonalisation (Gefühl, nicht mehr der/die Gleiche zu sein, sich verändert zu haben), Neid, Befreiung, Erleichterung.

Leeregefühl im Magen, Engegefühl und Beklemmungen in der Brust, Atemlosigkeit, „Zugeschnürt sein im Hals“, Überempfindlichkeit gegen Lärm, Schwäche, Energiemangel, Müdigkeit, Mundtrockenheit, Schmerzen, Schlafstörungen, Appetitstörungen, Gewichtsverlust.

Unglaube, „Nicht wahr haben wollen“, Selbstvorwürfe, Gedanken um eigene Schuld und Schuldzuweisungen, Frage nach dem „Warum?“, „Was wäre gewesen, wenn…?“, Verwirrung, intensive Beschäftigung mit den Toten, Gefühl der Anwesenheit des Verstorbenen, Halluzinationen, Ablenken, Meiden von Erinnerungen an den Verstorbenen.

Weinen, Seufzen, Träumen vom Verstorbenen, geistesabwesendes Verhalten, sozialer Rückzug, rastlose Überaktivität, suchen und rufen nach dem Verstorbenen.

Wie ich mit meiner Trauer umgehe

Was passiert, wenn ich diese Trauer nicht zulasse?

Trauer lässt sich nicht verdrängen. Du kannst mittels viel Arbeit, mittels viel Lärm und Ablenkung die Trauer eine Zeit lang verdrängen – ein großes Problem der heutigen Zeit -, aber sie wird dich irgendwann einholen. Das kann auch erst nach vielen Jahren sein. Ich hab sie immer zugelassen und geweint wann immer mich es überkommen ist.

Trauern wir alle gleich?

So wie jeder Mensch seinen Fingerabdruck hat, so unterschiedlich ist die Trauer bei jedem Menschen. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, wie man in der Trauer fühlen oder handeln sollte.

Ich kann dir aus meiner jüngsten Erfahrung sagen: Das Wichtigste ist, dass du auf dich hörst und dich nicht anderen anpasst!

Wodurch wird die Art und Weise der Trauer bestimmt?

  • Entscheidend ist, wer war der Verstorbene für dich.
    Welche Beziehung hattest du zu ihm oder ihr. Je näher dir der Mensch im Herzen stand umso schmerzlicher ist der Verlust. Ich sag, das ist der Preis der Liebe.
  • Die Art und Weise des Todes.
    War es dir möglich Abschied zu nehmen? Hat sich der Verstorbene das Leben genommen? Warst du im Sterben dabei?
  • Prägend ist auch, ob du bereits frühere Verlusterlebnisse
    Hast du in der Kindheit schon einen nahen Menschen verloren, welche Erinnerung hast du daran? 

Was hilft "gegen" Trauer?

In der Trauer braucht es mitfühlende Menschen!

Trauer braucht meist weder Behandlung noch Therapie. 

Sie braucht mitfühlende Begleitung durch Zuwendung, Zuhören, Wahrnehmen und Anerkennen dessen, was gerade so schwer ist. Trauer braucht Menschen, die „Mit-aushalten“ und „Mit-durchstehen“.

Bei mir waren es oft Menschen, die mir gar nicht so nahe stehen, die mich in meiner Trauer besonders weitergebracht haben. Menschen, die nicht sofort getröstet oder vom Leid abgelenkt haben, sondern mich haben weinen lassen und mich einfach mal umarmt und gedrückt haben.

Mache das nicht!

Betäube die Trauer nie mit Medikamenten, Alkohol oder anderen Suchtmitteln. 

Auch wenn es oft sehr schwer ist, all diese Gefühle und Reaktionen auszuhalten, es ist normal in der Trauer so zu reagieren. Wir alle müssen lernen, mit unserer Trauer auf unterschiedliche Art und Weise umzugehen.

So habe ich es gemacht!

Ich habe mir überlegt, was mir gut tun würde, was mich ablenken und mir schöne Gefühle bescheren könnte. Jeder Mensch tickt anders. Ich bin mir sicher, auch du findest deinen Ausgleich! Vielleicht bringt dich eines dieser Bilder auf neue Gedanken.

Hilfen in der Trauer

In den meisten Hospizinitiativen gibt es Trauerbegleiter, die man kostenlos anfordern kann. Sie begleiten dich eine bestimmte Zeit in der Trauer, kommen in regelmäßigen Zeitabständen zu dir nach Hause, reden mit dir und begleiten dich. Hospizbegleitung ist immer kostenlos. Schau, wo in deiner Nähe Hospizarbeit angeboten wird.

Vielleicht gibt es sogar eine „Trauergruppe“ in deiner Nähe, wo du dich anschließen kannst.

Mir hat besonders das wiederholte Lesen der vielen Beileidsbekundungen geholfen um zum Weinen und damit zum Verarbeiten der Traurigkeit zu kommen. Musik zu hören, die meine Seele berührt, war ein weiteres Hilfsmittel um mich in die Trauer zu begeben. Und je öfter und tiefer ich getrauert habe umso besser konnte ich meinen großen Verlust verarbeiten.

Mein Fazit nach Monaten tiefer Trauer

Ich habe vor allem kurz nach dem Tod meiner Mutter oft gesagt bekommen, dass die Trauer nach einem gewissen Zeitraum weniger wird und sich verändert. Das konnte ich am Anfang nicht glauben, diese Aussagen haben mich sogar wütend gemacht. Ich habe mich nicht getröstet gefühlt, was aber sicher der Sinn der Worte hätte sein sollen, sondern sie haben bei mir zu einem Gefühl von Unverständnis geführt.

Nach einigen Monaten ist es aber tatsächlich so, dass meine „Traueranfälle“ zwar noch immer gleich intensiv kommen, die Abstände dazwischen werden aber länger. Und ich habe auch etwas für mich sehr Wichtiges gelernt. Ich nehme die Trauerphasen als etwas Natürliches, Normales an, das vorbei geht. Ich begebe mich nicht mehr so tief in die Trauer hinein, sondern lasse sie kommen und vorbeiziehen. 

Fast wie bei einem Atemzug – einatmen, ausatmen…

Das Schlusswort

Mit den Worten von Jorgos Canacakis, einem griechischen Diplompsychologen und Psychotherapeuten, möchte ich diesen Beitrag schließen.

Er hat eine neue Definition der Trauer, er sagt:

„TRAUER ist ein Geschenk der Evolution an jeden von uns, um mit dem stetigen „Wachsen und Vergehen“ umgehen zu können. Aber diese Fähigkeit muss entwickelt werden. Dann erwächst daraus Sicherheit bei Veränderungen und Lebendigkeit für Körper, Seele und Geist.“

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