Aufgewachsen ist Hilde auf einem Bergbauernhof, weiß also nur zu gut, was harte Arbeit bedeutet. Hilde liebt ihre Kinder und ihren Mann sehr, das sieht man auf Anhieb und sie liebt auch das Leben und das Reisen.
HILDE IST EINE BESONDERE HERZENSFRAU
Ich lerne Hilde und ihren Mann Erwin sowie zwei ihrer Pflegekinder, Vroni und Scheli, über meine Freundin Edith kennen. Sie hat mir vorab schon erzählt, dass Hilde eine besondere Frau ist. Das kann ich nach unserer Begegnung nur bestätigen. Mehr loben darf ich Hilde aber nicht, weil eins hat sie mir klar und deutlich zu verstehen gegeben „Gell, eine Lobeshymne auf mich brauchst aber nicht zu schreiben!“ schmunzelt sie und drückt mich fest an sich.
Ankunft der Pflegekinder
Hilde beginnt von ihrem 1. Pflegekind, der Scheli, zu erzählen. „Wir haben sie vor über 40 Jahren als gesundes Baby aufgenommen. Im Alter von 15 Monaten erkrankte das kleine Mädchen an einer Gehirnhautentzündung und blieb behindert. Kein einziges Mal kam bei Hilde und Erwin der Gedanke auf, das Kind aufgrund dessen Behinderung aus ihrer Obhut zu geben. „Wir lieben all unsere Kinder, ohne Unterschied ob sie behindert sind oder nicht“, erklärt Hilde mit Überzeugung. Anfangs wollte das Ehepaar aber nicht wahrhaben, dass Scheli mehrfachbehindert bleiben und nie selbständig leben wird können. „Das hat sehr lange gedauert, dies zu akzeptieren“, stellt Hilde fest.

In den ersten Jahren war das kleine Mädchen sehr aggressiv
Scheli war kaum zu bändigen. Jetzt im Nachhinein weiß Hilde, dass dieses Verhalten alleine durch den großen Druck, der auf dem Kind lastete, entstanden ist. „Wir haben viel zu viel verlangt und gefordert, statt sie einfach innerhalb ihrer Möglichkeiten zu lassen“.
Der Schlüssel zum Erfolg und zur Zufriedenheit
Wie habt ihr diese belastende Situation gelöst?
„Wir haben dann bald festgestellt, dass es nur funktionieren kann, wenn wir sie so annehmen wie sie ist. Diese Erkenntnis sich gesetzt hat und wir sie so angenommen haben, wie sie ist, konnte sie sich entwickeln und hat angefangen ihr Leben zu genießen“, so Hilde mit einem frohen Lächeln.

„Das Recht, es im Leben so fein wie möglich zu haben, noch ein bisschen feiner als nicht behinderte Menschen, das steht ihr voll und ganz zu“, ergänzt Hilde mit Nachdruck.
Und dass sie recht damit hat, davon kann ich mich vor Ort überzeugen. Scheli liegt gemütlich mit dem Rücken zum Kachelofen auf der Ofenbank und schaut genüsslich ihre Lieblingssendung Heidi. Sie ist der Anblick von Zufriedenheit in Reinkultur.
Kraft und Energie - woher kommt sie bei euch?
Was hilft euch besonders beim Weitermachen?
Das Miteinander und der Glaube an Gott sind die beiden Werte, die Hilde und ihren Erwin immer wieder mit Mut und Hoffnung nach vorne blicken haben lassen.

Der Glaube und das Miteinander
„Das Miteinander, dass wir uns haben und es gemeinsam schaffen werden, das war am Allerwichtigsten“, stellt Hilde nochmal klar. Hilde konnte und kann sich heute noch immer auf ihren Mann und ihre Kinder verlassen. Sie springen ein, wenn das Paar mal eine ihrer Urlaubsreisen machen oder wenn Hilde ihrer Leidenschaften, dem Pilgern, dem Wandern oder Schifahren nachgehen möchte.
Wünsche für euch und die Menschen mit Behinderung
Für eines ihrer Pflegekinder haben Hilde und Erwin die Vormundschaft an eine ihrer Töchter übergeben, da würden sie sich wünschen, weiterhin bei Entscheidungen miteingebunden zu werden.
Menschlichkeit ist wichtiger als jeder Pflegeplan

Es ist auch wirklich ein großer Wunsch der beiden, dass es für behinderte Menschen Einrichtungen gibt, in denen sie es gut haben und ein liebevoller Umgang herrscht.
Nicht der Plan der Weiterentwicklung soll im Vordergrund stehen, sondern immer allem voran die Menschlichkeit. Und das ist nicht überall der Fall, stellt Hilde mit Bedauern fest.
Wir wollen unsere Kinder versorgt wissen, wenn wir nicht mehr da sind
Derzeit planen Hilde und ihre Familie ein Wohn-Projekt für bis zu 17 erwachsene Menschen mit Behinderung im Stubaital, denn so etwas gibt es dort nämlich noch nicht. „Ein Leuchtturm-Projekt“ könnte das werden, ist Hilde überzeugt.
LEUCHTTURM-PROJEKT FÜR DAS STUBAITAL
Sensibilisierung der Verantwortungsträger
Mit der entsprechenden Unterstützung der Gemeinden und des Landes kann diese Notwendigkeit gelingen.
Der 1. Schritt ist die Sensibilisierung der Verantwortungsträger.
Es stellt sich hier wirklich die Frage, ob so ein Projekt tatsächlich Aufgabe von uns Staatsbürgerinnen und –bürgern ist, dass in einem Land wie Österreich Privatpersonen so eine Initiative ergreifen und auf diese Notwendigkeit aufmerksam machen müssen.

Wer muss diese soziale Verantwortung übernehmen?

Menschen, die es im Laufe ihres Lebens offensichtlich und belegbar schwerer haben als andere, steht auch ein Platz zum Altwerden zu, in dem sie mit Wertschätzung und Menschlichkeit behandelt werden. Es ist für uns sehr wichtig unsere Kinder versorgt zu wissen, wenn wir einmal nicht mehr da sind.
Diese Versorgungsmöglichkeit und somit ein Dach über dem Kopf gibt es im Stubaital aber laut Hildes Erzählungen derzeit nicht!
Müssen wirklich Eltern von Kindern mit Behinderung diese soziale Verantwortung selbst übernehmen?
Ich danke Hilde und auch Erwin für dieses sehr persönliche Gespräch und obwohl ich weiß, dass ich nicht loben darf, ziehe ich meinen Hut vor euch beiden und auch vor euren Kindern.